Klimafreundliche Mobilität in der Musikbranche

Wie können wir Musiker:innen und Publikum zur klimafreundlichen Anreise motivieren? Wie sieht überhaupt die Datenlage bezüglich Mobilität auf Events aus? Wie finden Künstler:innen und Publikum zusammen und welche Hürden begegnen Veranstalter:innen bei diesem Thema? 

Das und mehr haben wir auf unserer Veranstaltung WE LIKE TO MOVE IT MOVE IT – Klimafreundliche Mobilität für Musiker:innen und Publikum mit Akteur:innen und Künstler:innen aus der Musikbranche diskutiert. Das gemeinsame Fachgespräch mit Rock City Hamburg e.V. hat wieder einmal gezeigt: einer von vielen Schlüsseln lautet Kommunikation!

Wie sich das Publikum bewegt

Das wird sehr deutlich, wenn wir uns die Ergebnisse der Aktions- und Kommunikationskampagne des Mobilitätsprojekts TICKET TO RIDE anschauen. Durch das von Sarah Lüngen und Katrin Wipper von The Changency gemeinsam mit Crowd Impact ins Leben gerufene Projekt wurden auf der Sommertournee 2023 von AnnenMayKantereit mittels Besucher:innen-Befragungen wertvolle Daten gesammelt. Knapp eine Viertelmillion Fans reiste zu den 13 Konzerten an und die Vorort-Befragung ergab: am besten erreicht man die Konzertbesucher:innen nicht etwa über Social Media, sondern über direkte Mailouts der jeweiligen Ticketanbieter! Nicht zu unterschätzen ist außerdem der Faktor Regionalität, wenn es um nachhaltige Besucher:innenmobilität geht. Statt tausende von Fans zu schlecht angebundenen Spielstätten zu befördern, sollte in der Tourplanung gelten: Die Künstler:innen müssen zu den Fans kommen und nicht umgekehrt. Wir haben mit Sarah und Katrin über die Ergebnisse des Projekts gesprochen.

Green Events Hamburg: Die Kommunikation zur nachhaltigen Anreise hat bei den Menschen, die davon hörten, die Emissionen der An- und Abreise um 19 % verringert. Was war euer bestes Argument, um die Menschen zum Umschwenken zu motivieren?

Katrin Wipper: Bestes Argument: Überhaupt davon zu hören, dass der ÖPNV im Ticket integriert ist. Viele wissen gar nicht, dass sie mit ihrem Konzertticket kostenlos zur Veranstaltung fahren dürfen und das ist ein verstecktes Potenzial!

Green Events Hamburg: Was war der größte Aha-Moment während des Projektes?

Katrin Wipper: Genau das: Mit welche einfachem Mittel der Kommunikation mehr Menschen den ÖPNV nutzen können. Ein einfaches, zusätzliches Mailout seitens der Ticketanbieter und bäm, direkte, greifbare Effekte und große Zuwächse erzielt.

Green Events Hamburg: Wie viel Mehrarbeit kommt auf Veranstaltende zu, die ihre Mobilitätstrategie nachhaltig umstellen wollen?

Katrin Wipper: Kommt auf den Ehrgeiz an: Das reicht von super niedrigschwellig wie eine klare Kommunikation hinsichtlich der nachhaltigen Anreise bis hin zu  etwas mehr Aufwand wie infrastrukturellen Veränderungen und Zusammenarbeit mit lokalen Verkehrsbetrieben.

Green Events Hamburg: Mehr Nachhaltigkeit in eine Veranstaltung zu bringen, kann sehr facettenreich sein. Wann sollte das Thema Mobilität in jedem Fall mitgedacht werden?

Katrin Wipper: Immer, denn hier treffen sich Wissenschaft und Emotionen: Die Mobilität ist der größte Hebel in der CO2-Reduktion und gleichzeitig bietet sie so viel Potenzial für Fahrgemeinschaften, Austausch und Bindung mit Fans!

Nicht nur im Tourgeschäft bewegen sich Fans zu den Künstler:innen (oder Künstler:innen zu den Fans). Auch in der Club-Szene spielt Mobilität eine Rolle, wenn auch in etwas anderer Form. Hier fällt die Datenlage aktuell noch geringer aus als bei Konzerten oder Tourneen. Einen Schritt, dieser mangelnden Datenlage entgegen zu wirken unternahm der Verein Gängeviertel e.V. vergangenes Jahr mittels einer Besucher:innenbefragung im Clubbetrieb des Gängeviertels. 28% aller CO2-Emissionen wurden hier durch die Besucher:innen-Anreise verursacht. Ein erheblicher Unterschied zu einer Tour wie die Annenmaykantereits, wo laut TICKET TO RIDE die Publikumsmobilität mit 88% den größten Anteil an verursachten Emissionen darstellte. Dennoch lohnt es sich auch im Clubbetrieb die Anreise der Gäste mitzudenken, gerade wenn es ums Booking der Artists geht. Nicht lokal ansässige gebuchte DJs und Artists ziehen zum Beispiel nicht selten ihre Community von zuhause mit, was sich wiederum auf die CO2-Bilanz des Abends auswirkt. Eine Erkenntnis, die Rückschlüsse für zukünftiges Booking ermöglicht.  

Doch wie sieht das eigentlich mit der Anreise der Künstler:innen selbst aus? Auch hier hängt vieles wieder an der richtigen Kommunikation.

Wie sich Künstler:innen bewegen

Rapperin Finna berichtet dazu  im Gespräch, dass die Kommunikation nicht nur bei den Besucher:innen eine tragende Rolle spielt. Ihre Bitte an Veranstalter:innen: kommuniziert auch an die Artists, wie sie (nachhaltig) zum Veranstaltungsort anreisen können, und zwar nicht nur in die entsprechende Stadt sondern bis hin zum Veranstaltungsort! Finna selbst ist während ihrer letzten Tour mit ihrem Team und Equipment zu 60 Konzerten mit der Bahn angereist. Sie empfiehlt anderen Artists: ein Businessaccount bei der Deutschen Bahn lohnt sich und zwei bis drei Stunden Puffer einplanen auch. Einen Teil ihrer Konzertanreisen konnte Finna und ihr Team durch den von RockCity ins Leben gerufenen Green Touring Fonds fördern lassen, welcher das klimafreundliche und CO2-einsparende Touren von Hamburger Musiker:innen aus dem Bereich der Popularmusik fördert.

 

Im Gespräch auf unserer Veranstaltung WE LIKE TO MOVE IT MOVE IT (v.l.): Jette Krauss vom Clubkombinat, Svenja Gierok vom Verein Gängeviertel e.V., Sarah Lüngen von The Changency und Wiebke Schumacher vom Futur 2 Festival.
Martina Zurhold (links) von Rock City Hamburg e.V. im Gespräch mit Rapperin Finna über nachhaltiges Touring.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Ergebnisse der Besucher:innenbefragung im Gängeviertel sowie die Ergebnisse der TICKET TO RIDE Datenerhebung bei der Sommertournee 2023 von Annenmaykantereit könnt ihr hier herunterladen:


 

Fotos: Jan Stanislaw Nowicki

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